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Das „Bollwerk“ während der Corona-Pandemie: Die Gesundheitsaufseher im Gesundheitsamt Lippe

12. Okt 2020

Das „Bollwerk“ während der Corona-Pandemie: Die Gesundheitsaufseher im Gesundheitsamt Lippe

Die Gesundheitsaufseher im Gesundheitsamt halten den Kontakt mit den aktiven Coronafällen in Lippe. Sie stehen dabei auch im Austausch mit dem Umfeld der jeweiligen Person – die Kontaktpersonen eines Coronafalls.

Das Aufgabenfeld scheint klar definiert, hat sich in den vergangenen Monaten aber immer auf die Pandemielage anpassen müssen. Und auf neue landes- oder bundesweite Regelungen reagieren die Gesundheitsaufseher in der täglichen Arbeit.

Sie bilden das „Bollwerk“ während der Corona-Pandemie und agieren statt reagieren ist ihr bisheriges Erfolgsrezept. Denn oft schon mussten in der letzten Zeit mit jedem neuen Erlass und jeder neuen Schutzverordnung, die einen veränderten rechtlichen Rahmen vorgaben, die Weichen in Lippe schnell neu gestellt werden. Jetzt werden die Szenarien und Vorbereitung auf den Herbst geplant, so wie es das Gesundheitsamt und der Krisenstab von Anfang gemacht haben. In Lippe stellten sich die Akteure des Gesundheitssystems der Situation und haben das jeweilige Know-how eingebracht. Das Ziel ist unverändert: Infektionsketten zu durchbrechen, dadurch soll die Pandemie langsamer fortschreiten. Zudem gilt es, sensible Personenkreise besonders zu schützen.

„Von Anfang an sind wir im Gesundheitsamt mit hohem Engagement und Effizienz dabei, das ‚Bollwerk‘ gegen COVID-19 aufzubauen. Die präventiven Maßnahmen und Abstimmung mit der Krankenhauseinsatzleitung haben dafür gesorgt, dass die Intensivstation des Klinikums zu keinem Zeitpunkt durch ein zu hohes Aufkommen an COVID-19 Patienten an ihre Auslastungsgrenze geraten ist“, erklärt Dr. Frauke Brandt, Teamleitung des Bereichs Gesundheitsschutz/Umweltmedizin im Gesundheitsamt Lippe. Das Gesundheitsamt hat sich gut aufgestellt und die Testung in Lippe koordiniert. Das hat einen großen Vorteil: Wer eine Person abstreicht, erhält auch die Rückmeldung über das Testergebnis. Und zwar auch über jedes negative Testergebnis. Damit kann das Gesundheitsamt die Ausbreitung in Lippe viel besser bewerten. Aktuell zeigt sich die Tendenz, dass immer mehr Personen die Abstrichnotwendigkeit infrage stellen. Auf Basis des Infektionsschutzgesetzes sind sie allerdings dazu verpflichtet solch einen Abstrich durchführen zu lassen. Die Testung soll schließlich dabei helfen, mögliche Infektionsketten zu ermitteln und zu unterbrechen. „Die Feuerwehr stellt niemand in Frage, wenn es nicht brennt“, ordnet Marco Schulze, Gesundheitsaufseher beim Kreis Lippe, die Skepsis in der Bevölkerung ein und ergänzt: „So besorgt war die Weltpolitik noch nie. Wir sitzen auf einem Pulverfass und nur, wenn wir vom Zünder wegbleiben, explodieren auch die Zahlen nicht wieder. Es wird weitere Coronafälle geben. Die Kurve flach zu halten, ist Gemeinschaftsaufgabe seit der Ausbreitung in China“.

Nach entsprechender Aufklärung lassen sich dann aber doch die meisten Betroffenen von der Notwendigkeit einer Testung überzeugen und unterstützen den Ermittlungsablauf mit ihrer Einwilligung entscheidend.

Die Arbeit eines Gesundheitsaufsehers

Marco Schulze ist seit Stunde 0 aktiv, schon vor dem ersten jemals gemeldeten COVID-19 Fall in Lippe war er im Gesundheitsamt mit Vorbereitungen befasst. Er stand im Austausch mit Unternehmen, deren Mitarbeiter in China wohnen oder von Dienstreisen zurückkehrten. Die Empfehlung: Rückkehrer isolieren und testen.

Gesundheitsaufseher Marco Schulze

Mittlerweile hat Schulze viel Erfahrung sammeln können, wie komplex eine Ermittlung rund um einen aktiven Coronafall werden kann. Ansatz ist es immer, jeden Fall individuell zu betrachten: Zeigt die Person aktuell Symptome oder kann sich an typische Anzeichen einer Infektion in den vergangenen Tagen vor der Testung erinnern? Der Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns ist beispielswiese ein Anzeichen. Der Ermittlungsansatz ist, mit welchen Personen der Coronafall Kontakt hatte und frühzeitig die Klarheit zu schaffen, ob die Person Beziehungen in sensible Einrichtungen (Altenheime, Pflege, Arztpraxen etc.) hatte.

Bis zu 200 Kontaktpersonen können sich für den einzelnen Coronafall ergeben, sodass bis zu drei Ermittler die Personen kontaktieren. Vereinfacht zusammengefasst: Ab dem Beginn der Symptome minus zwei weiteren Tagen werden die Kontakte ermittelt. Auch bei symptomfreien Personen muss im sozialen Umfeld recherchiert werden. In der Summe ergeben sich die Personen, die getestet werden müssen, und ob ein oder zwei Testungen organisiert werden. Der erste Abstrich, um zu wissen, ob die Person beim letzten Kontakt bereits infiziert war. Ein weiterer Test am Tag 5 bis 7, denn dann ist die Wahrscheinlich am höchsten, das Virus bei einer fortschreitenden Infektion nachzuweisen.

Eine Daueraufgabe für das Gesundheitsamt ist es, Fachwissen über COVID-19 aufzubauen und seine fachliche Expertise damit permanent auf dem aktuellen Stand zu halten. Dafür pflegt das Gesundheitsamt persönliche fachliche Kontakte, fragt nach und bringt sich ein – regional, landes- und bundesweit: beim Labor Krone in Bad Salzuflen, der Charité Berlin, dem Robert Koch-Institut oder in einer Arbeitsgruppe des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS). Die Arbeitsgruppe hat den bundesweiten Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) mitgestaltet, der auch für die Gesundheitsämter in NRW vorsieht, zukunftsfähige Strukturen zu stärken. Indem langfristig Personal aufgebaut, die Digitalisierung vorangebracht und der ÖGD insgesamt attraktiver gestaltet wird.

Die Diskussion in der Arbeitsgruppe soll nicht nur Ballungszentren und Großstädte umfassen, sondern die aktuelle Corona-Lage und den Bedarf aus einem Flächenkreis wie Lippe thematisieren. Daher ist es dem Gesundheitsamt wichtig, im Arbeitskreis Erfahrungen aus der Praxis des Infektionsgeschehens und Feedback zu den Schutzverordnungen in die Arbeitsgruppe einzubringen. Ergebnisse und das Wissen über die Entwicklungen auf Landesebene bringt das Amt in den Krisenstab ein, um gemeinsam vor die Lage zu kommen und Szenarien aufzustellen.

Marco Schulze wagt die Prognose für die kommenden Wochen. Damit nicht ganze Schulen den Betrieb aussetzen müssen, gilt es, die einzelnen Kontakte zu filtern und gegebenenfalls Cluster zu bilden. Dadurch sind nur einzelne pädagogische Fachkräfte, einzelne Schüler oder der Klassenverbund unter Quarantäne zu stellen. Grundsätzlich will das Gesundheitsamt Lippe die erforderlichen Maßnahmen so differenziert wie irgend möglich verfügen. Den Mitarbeitenden ist bewusst, Menschen unter Quarantäne zu stellen, ist ein Eingriff in die die Persönlichkeitsrechte, Empathie ist daher Kernkompetenz für jeden Gesundheitsaufseher. Genauso wie die Fähigkeit, den Betroffenen in Stresssituationen notfalls zu vermitteln, dass das Schicksal des Einzelnen hinter dem der Gesellschaft vorübergehend zurücktreten sollte. Für die Person, die eine temporäre Quarantäne zu Hause verbringen muss, eine verständliche Herausforderung. Um diese Probleme aufzufangen steht schon seit Beginn der Pandemie ein Team von Psychologinnen zur Verfügung, das die Ermittler bei der Betreuung der Indexfälle sehr effizient unterstützt.

Darüber hinaus können alle Lipper und Gäste der Region solidarisch mitwirken, indem Nase-Mund-Schutz getragen wird und Abstände gewahrt werden. Zudem könnte auf große Feiern verzichtet werden. „Das gesellschaftliche Leben soll kontrolliert hochfahren, es dürfen sich aber keine Hotspots bilden“, sagt Marco Schulze.

Neu geschaffene und veränderte Struktur im Gesundheitsamt


Teamstrukturen haben sich als sinnvoll erwiesen, denn in der dynamischen Lage der Corona-Pandemie gilt es, die neuen Kollegen im Gesundheitsamt einzuarbeiten. „Neue Mitarbeiter, die wir vor einem halben Jahr persönlich noch nicht kannten.“, wie Dr. Kerstin Ahaus, Leiterin des Gesundheitsamts Lippe, feststellt. Sie arbeiten in Teams beispielweise als Quarantäneschreiber, prüfen Hygienekonzepte oder telefonieren in der Rückverfolgung. Die Teamleitung spiegelt den aktuellen Stand der Verordnungen und organisatorische Anpassungen. So ist der Informationsfluss gegeben. Die Zeit für separate Schulungen fehlt im Tagesgeschäft und so bekommen auch fachfremde Kollegen Einarbeitung und Information zu Erlassen und Verordnungen, auf die das jeweilige Team oder das Gesundheitsamt insgesamt reagieren muss, parallel zum laufenden Betrieb übermittelt.

Zeit ist ein entscheidender Faktor während der Corona-Pandemie. Wird ein neuer Fall gemeldet, machen sich die Gesundheitsaufseher an die Arbeit der Kontaktermittlung. Immer mit dem Ziel, mögliche Infektionsketten zu finden und schnell zu unterbrechen. Die Fälle sind dabei individuell, erfordern volle Konzentration und lassen sich in geregelten Arbeitszeiten nur schwer abarbeiten. In Phasen mit vielen Fällen täglich ein Kraftakt. Hinzu kommt die Kommunikation mit den Kontaktpersonen und, im Fall von Einrichtungen, mit dem Umfeld. Dann gilt es, zusätzlich Bürgermeister, Schulleitung und Träger mit ins Boot zu holen, um Informationen bereitzustellen und Sicherheit zu schaffen. Denn falsche Informationen oder Gerüchte sind schnell in Social Media und Nachrichtendiensten geteilt. Eine „Elterninfo-Hotline“ soll helfen. Die betroffenen Eltern bekommen über die Einrichtungsleitung eine Telefonnummer weitergeleitet, um die individuellen Fragen zu klären. Für allgemeine Fragen der Lipper ist natürlich weiterhin die 05231 62-1100 geschaltet.

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