Die geologischen Faktoren, die das Erscheinungsbild der Senne bis heute
maßgeblich prägen, wurden in der vorletzten Kaltzeit („Saale-Kaltzeit“)
vor etwa 200.000 Jahren ausgebildet. Damals reichten zwei Gletscher von
Norden und Nordwesten her bis an den Teutoburger Wald. Beim Abschmelzen
der Gletscher wurden große Mengen Sand, die zum nicht unerheblichen Teil
von den Sandsteinen des Teutoburger Waldes abgerieben wurden, westlich
des Teuto in einem großen Schmelzwassersee abgelagert. Die Sande, die
die Sennelandschaft prägen, erreichen Mächtigkeiten von bis zu 30 Metern
und mehr. In der letzten Kaltzeit („Weichsel-Kalkzeit“) blieb die Senne
dagegen eisfrei – eine baumfreien Tundra prägte zu der Zeit die
Sennelandschaft.
Die Senne zählt in Nordrhein-Westfalen zu den
bedeutendsten Landschaften für den Naturschutz. Auf den nährstoffarmen
Sandböden hat sich durch menschliches Wirken nach und nach eine
abwechslungsreiche Landschaft mit Heiden und Sandmagerrasen, Grünländern
und Äckern, Bachläufen und Wäldern ausgebildet, die zahlreiche, teils
seltene Tier- und Pflanzenarten beheimatet. Die Erhaltung, Pflege und
Entwicklung der traditionellen Landschaft samt ihren Bewohnern kommt
daher eine ganz besondere Bedeutung zu.
Neben den Naturlandschaften im Naturschutzgroßprojekt gibt es auch Kulturlandschaften, die durch behutsame Beweidung erhalten werden. Weitere Informationen dazu finden Sie hier:
Noch im 18. Jahrhundert war das Landschaftsbild der Senne von einer nicht enden wollenden Heidelandschaft geprägt, in der kaum ein Baum die Sicht versperrte. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die ertragsschwachen großflächigen Heiden und offenen Sandflächen zunehmend aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen und mit Nadelgehölzen aufgeforstet. Die lichten Heidelandschaften wichen den meist einförmigen, artenarmen Nadelwälder.
Um die noch bestehenden Heidereste und Magerrasen wieder zu vernetzen, wurden und werden die Nadelwälder im Naturschutzgroßprojekt auf großer Fläche soweit aufgelichtet, dass sie zwar weiterhin forstlich nutzbar bleiben, gleichzeitig aber Lebensraum für Arten der lichten Wälder darstellen. Ein besonderes Augenmerk wird bei der forstlichen Nutzung auf die Spätblühende Traubenkirsche gelegt, einer aus Nordamerika eingeführten Baumart, die sich in den Wäldern der Senne stark ausgebreitet hat und teils heimische Arten verdrängt. Sie soll soweit wie möglich aus den Wäldern des Naturschutzgroßprojektes entnommen werden.
Langfristiges Ziel in den Sennewäldern ist die Entwicklung sehr lichter Birken-Eichenwälder mit einer kraut- und strauchreichen Vegetationsschicht. Dieser Waldtyp, der einst große Bereiche des nordwest-deutschen Raumes prägte, ist mit seinem charakteristischen Arteninventar, bestehend aus gelb blühendem Färber-Ginster, Wintergrün oder verschiedenen Bärlapparten, mittlerweile sehr selten geworden. Seiner Förderung wird im Projekt ein hoher Stellenwert beigemessen.
Außerhalb der Truppenübungsplätze sind Heiden, Magerrasen oder offene Sandflächen mit ihren typischen Bewohnern in der Senne nur noch selten anzutreffen. Im Winter eher unscheinbar braun, verwandeln sich die Heiden und Magerrasen im Sommer in ein buntes Blütenmeer. Während die Heideflächen im Spätsommer von der Besenheide in ein violettes Blütenmeer getaucht werden, verleihen Berg-Sandglöckchen, Gras-Sandnelke oder Mauerpfeffer den Sandmagerrasen abwechslungsreiche Farbkleckse. Das vielfältige Blütenangebot dient nicht nur als Nahrungsgrundlage für eine abwechslungsreiche Insektenwelt aus Schmetterlingen oder zahlreichen Wildbienenarten. Auch Kleinsäuger, Reptilien, Heuschrecken oder diverse Käferarten halten sich gerne auf den nährstoffarmen Standorten auf. Zu den hoch spezialisierten Tierarten zählt die Zauneidechse, welche gerne ausgiebige Sonnenbäder auf den Baumstümpfen nimmt oder ihre Eier im weichen Heidesand von der Sonne ausbrüten lässt. Dabei muss sie jedoch vorsichtig sein, um nicht zur Beute der im Projektgebiet ebenfalls vorkommenden Schlingnatter zu werden.
Die Heidelandschaft der Senne ist keine Naturlandschaft, sie entstand erst durch die über die Jahrhunderte praktizierte historische landwirtschaftliche Nutzung. Überlässt man die Flächen sich selbst, so überaltert das Heidekraut und stirbt ab. Über kurz oder lang stellt sich Wald ein und die typischen Arten der Heiden und Magerrasen verschwinden.
Einst auf den Ackerflächen weit verbreitet, sind sie heute durch Düngemittel und Herbizide sehr selten geworden – die typischen Pflanzengemeinschaften der Sandäcker bestehend aus Lämmersalat, Bauernsenf oder Kahlem Ferkelkaut.
Aber auch das Spektrum der Kulturpflanzen hat sich geändert. Der langhalmige Winterroggen, welcher die Ackerflächen noch im vorletzten Jahrhundert prägte, ist heute modernen Sorten und dem auf großen Flächen angebauten Mais gewichen. Auch das „Heidekorn“, der Buchweizen, ist fast vollständig aus der Senne verschwunden – und das, obwohl er sich wegen seiner Anspruchslosigkeit besonders gut für die kargen Sandböden eignet. Der aus Buchweizenmehl hergestellte Senne-Pickert ist der Region aber als Spezialität erhalten geblieben.
Um die typischen Lebensgemeinschaften der Sandäcker auch für kommende Generationen zu bewahren, wurde die historische Wirtschaftsweise der Heidebauern auf ausgewählten Flächen bei Augustdorf im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes wiederbelebt.
Obwohl trockene Standorte vorherrschen, gibt es auch in der Senne von Wasser beeinflusste Lebensräume. Im Projektgebiet entspringen beispielsweise einige Gewässer, von denen besonders die Tieflandbäche der Senne mit ihren tief in den weichen Sand eingegrabenen Kastentälern beeindrucken.
Das klare Wasser ist ein idealer Lebensraum für typische Arten der Forellenregion wie Groppen, Bachneunaugen und Bachforellen. Wasseramseln und der in selbstgegrabenen Röhren in Steilhängen brütende Eisvogel finden hier optimale Lebensbedingungen. Die zum Teil uralten Bäume in den Bachtälern bieten Schwarz- und Buntspecht genügend Möglichkeiten, sich eine Höhle zu zimmern.
In den Bachtälern und im Bereich von Ausblasungsmulden haben sich in feuchten oder nassen Bereichen seltene Moor- und Sumpfpflanzen wie die Moosbeere, das Schmalblättrige Wollgras oder die Glockenheide angesiedelt. Über den offenen Wasserstellen fliegen Libellen, wie Torf-Mosaikjungfern oder Kleine Moosjungfern, immer auf der Hut um nicht zur Beute eines Grünfrosches zu werden. Vom Nebeneinander kleiner Weiher und Teiche in den Sandgruben profitieren weitere Amphibien wie der Kammmolch oder die Kreuzkröte.
Um den guten Zustand der Bäche nicht zu gefährden und darüber hinaus zu befördern, soll deren natürliche Entwicklung nicht gestört werden. Dies bedeutet unter anderem den Verzicht auf eine forstwirtschaftliche Nutzung der Baumbestände im Umfeld der Bäche. In den kleinen Mooren und in deren Umfeld ist es dagegen wichtig, den aufkommenden Baumbewuchs zu entfernen, um die dortigen lichtliebenden Pflanzengesellschaft zu erhalten und zu fördern.